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Das Phänomen Coldmirror – Youtube-Erfolg mit der Stimme

 

Während das Internet von der damaligen Bundeskanzlerin 2013 noch als „Neuland“ betitelt wird, hat eine andere Frau es längst erobert – mit ihrer Stimme. 2008/2009 verzeichnete sie die meisten Abonnements eines deutschen Youtube Kanals. Wie ist ihr das gelungen?
 

 

Coldmirror – ein Werdegang

 


Die deutsche Medienkünstlerin und Moderatorin Kathrin Fricke (*1984) ist spätestens seit ihrem Youtube Start 2006 als Coldmirror (engl. Kaltlichtspiegel / kalter Spiegel) bekannt. Erste Erfahrungen mit Medien sammelte sie aber schon deutlich früher. Schon früh hat sie gemeinsam mit einer Freundin Hörspiele aufgenommen, 2000 wurde sie ehrenamtliches Mitglied eines lokalen Jugendmagazins. Parallel dazu schuf sie auch erste Präsenzen im Internet, beispielsweise um selbst gezeichnete Bilder aus dem Fantasy Bereich zu präsentieren. Besonders die Motive mit Charakteren aus der Harry Potter reihe, die fantasievoll eingesetzt in den Bereich der „Fan-Fiction“ fallen, erregen damals Aufmerksamkeit. Die Studentin der Kunstwissenschaft und Philosophie ging 2006 unter dem Pseudonym coldmirror bei Youtube an den Start. Die Nutzung dieses Mediums ermöglichte ihr den Zugang zu einem größeren Publikum, welches sie schnell für sich gewinnen konnte.
 

Synchronisationen ermöglichen den großen Sprung


Den Youtube Kanal nutzte Fricke zunächst für die Publikation bereits bestehender Werke aus ihrer Zeit in dem regionalen Jugendmagazin. Später produzierte sie immer mehr Eigenkreationen, von denen eine Reihe sich bei einem besonders großen Publikum durchsetzen konnte: Die Synchronisationen der Harry Potter Filmreihe verschaffte ihr enorme Aufmerksamkeit. Dafür verwendete sie teilweise ganze Filme oder Sequenzen der Harry Potter Reihe und schuf so ein komplett neues Universum. Während die Bilder (abgesehen von Kürzungen) gleich blieben, verlieh sie dem Material eine gänzlich neue Tonspur – und veränderte dadurch den Inhalt der jeweiligen Geschichte. Die Charaktere erhielten neue Eigenschaften und Stimmen. Nahezu jeden Charakter spricht Fricke selbst und profitiert dabei von unterschiedlichen Stimmlagen und der Nachbearbeitung der Tonspuren. Dass sie ein derart großes Publikum erreichen konnte und 2008/2009 den Kanal mit den meisten Abonnenten hatte, lässt sich wohl auf den Zeitgeist zurückführen. Die Generation der Youtube Nutzer:innen war mit den Harry Potter Romanen und Verfilmungen aufgewachsen und besaß häufig ein grundlegendes Verständnis über die Erfolgsreihe von J. K. Rowling. Fricke konnte aktuelle Themen der Internet- und Popkultur aufgreifen und in ihre Synchronisationen einbringen – eine ordentliche Portion Vulgärsprache und Fäkalhumor trafen offensichtlich das Humorzentrum vieler junger Zuschauer:innen. Während der Produktionen entwickelten sich auch die Technischen Fähigkeiten der Produzentin, sodass die Werke zunehmend professioneller wurden. Später konnte Coldmirror unter anderem eine eigene Fernsehsendung realisieren und gänzlich Fuß in der Medienlandschaft fassen.

 

Der Einsatz der Stimme


Ihren Erfolg verdankt Fricke ihrer Kreativität, gepaart mit einem exzellenten Einsatz ihrer Stimme. Die Synchronisationen, welche trotz gleichen Bildmaterials eine völlig andere Geschichte als der ursprüngliche Film erzählen, lebt von der Neuvertonung, die Coldmirror statt des Originaltons verwendete. Die Zahl der Abonnenten, die Aufrufe der Videos und die Nachhaltige Etablierung in der Medienwelt zeigen, wie sehr der Einsatz der Stimme und der Einsatz von Vertonung ein Publikum erreichen kann. Während sie die Technik zunächst autodidaktisch erlernt hat, findet sie sich aktuell (2021) im „funk“-Netzwerk der ARD und des ZDF wieder, und produziert unter diesem Schirm weiterhin spannende Inhalte, die ganz oder teilweise durch ihre Stimme geprägt werden. Dem Harry Potter Universum ist sie weiterhin treu und veröffentlicht unregelmäßig den „Harry Podcast“, in welchem sie den Film „Harry Potter und der Stein der Weisen“ in 5-minütige Sequenzen einteilt und jegliche verfügbare Hintergrundinformationen zu den gerade gezeigten Figuren, Schauspieler:innen, Gemälden und Spielorten liefert. Dabei benötigt sie teilweise über eine Stunde und schafft es dennoch, den Hörer:innen eine spannende Unterhaltung zu liefern, wie die Klickzahlen auf Youtube und Spotify zeigen. Erfahrene Coldmirror-Konsument:innen erkennen im Podcast selbstverständlich ihr Erfolgsgeheimnis: Die Stimme, die sie vielfältig für verschiedene Charaktere einsetzen kann.