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Germanismen weltweit – Wie deutsche Wörter in andere Sprachen wandern

Der Einfluss der deutschen Sprache geht weit über den Duden hinaus: Viele deutsche Begriffe haben als sogenannte Germanismen längst den Weg in andere Sprachen gefunden – teils mit, teils ohne Bedeutungsverschiebung. Während Anglizismen im Deutschen allgegenwärtig sind, zeigen Germanismen eindrucksvoll, wie deutsche Wörter weltweit aufgenommen und verwendet werden – von Europa bis Asien.

„Guli“ statt Gullydeckel – Deutsche Begriffe in China

In der chinesischen Stadt Qingdao – einst deutsches Pachtgebiet (Jiaozhou) – ist das Wort „Gullydeckel“ nicht als chinesisches „yushuiko“, sondern als „guli“ bekannt. Diese Lehnübernahme stammt aus der Kolonialzeit und ist bis heute Teil des lokalen Wortschatzes. Weitere Germanismen in der Region: „daman“ für „Damen“ oder schlicht „Aspirin“ – ein Markenname, der hier zum Gattungsbegriff wurde.

Kindergarten und Schadenfreude – Germanismen im Englischen

Das wohl bekannteste deutsche Lehnwort im Englischen ist „Kindergarten“, das bereits 1856 in den USA eingeführt wurde – ursprünglich als Bildungseinrichtung für Kinder deutscher Einwanderer. Inzwischen ist das Wort weltweit etabliert.

Weitere Germanismen im Englischen: Schadenfreude, Doppelgänger, Katzenjammer, Wunderkind. Besonders interessant ist die Nutzung des Wortteils „über“ in neuen Kontexten, z. B. „uber-cool“ oder „uber-clean“ – als Ausdruck von Übertreibung oder Besonderheit.

Braatvursti und Besserwisser – Deutsch in Finnland

Auch im Finnischen haben sich Germanismen etabliert. Begriffe wie „braatvursti“ (Bratwurst) oder „Besserwisser“ sind dort geläufig. Das bekannte Wort „kaffepaussi“ (Kaffeepause) wurde 2006 sogar vom Deutschen Sprachrat ausgezeichnet – seine Wurzeln liegen allerdings eher im Schwedischen als im Deutschen.

Waldsterben, Schnaps und Weltanschauung – Germanismen im Französischen

Die französische Sprache hat zahlreiche deutsche Begriffe übernommen: „la waldsterben“ (Umweltbegriff), „le schnaps“, „la Weltanschauung“, „le schuss“ (Skifahrterminus) oder „le bunker“ (Bezeichnung für das Festivalgebäude in Cannes).

Spannend ist auch der Rückfluss von Lehnwörtern: Während das Deutsche „Chanson“ aus dem Französischen entlehnt hat, bezeichnen Franzosen klassische deutsche Lieder schlicht als „Lied“.

Galstuk und Parikmacher – Bedeutungswandel deutscher Wörter in Russland

Nicht alle Germanismen behalten ihre ursprüngliche Bedeutung. Im Russischen bedeutet „galstuk“ nicht etwa Halstuch, sondern „Krawatte“. Wer dort zum „parikmacher“ geht, sucht keinen Perückenmacher, sondern schlicht einen Friseur. Solche Bedeutungsverschiebungen sind bei Lehnwörtern nicht ungewöhnlich.

Fazit: Sprache kennt keine Grenzen

Ob Lehnwort, Germanismus oder Sprachimport: Der Austausch von Begriffen ist Ausdruck kultureller Verbindung und gegenseitiger Beeinflussung. Während deutsche Begriffe wie Kindergarten, Wanderlust oder Gemuetlichkeit ihren festen Platz in anderen Sprachen gefunden haben, bleibt der Einfluss lebendig und wandelbar. Die deutsche Sprache hat – oft unbemerkt – in vielen Ländern Spuren hinterlassen. Und das nicht nur in der Grammatik, sondern direkt im Alltag der Menschen.